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Zum Beginn der Fastenzeit

„Und – worauf verzichtest Du so?“

Quelle: Pixabay
Dr. Curt Creutz

Diakon
Dr. Curt Creutz

  • Krankenhausseelsorger
  • Telefon: 0241/6006-3190
  • Fax: 0241/6006-3109

Zu Beginn der 40tägigen Fastenzeit keine ungewöhnliche Frage.
Verzicht auf Alkohol, Rauchen, Süßigkeiten;
aber auch weniger Autofahren, Computerspielen oder Internetsurfen sind „beliebte“ Vorsätze.
Sicher, ein bewussterer Umgang mit Konsum und vermeintlichen Selbstverständlichkeiten
kann uns noch einmal die Augen öffnen für das, was wirklich wichtig und notwendig ist in unserem Leben.
Die Fastenzeit kann uns aber auch die Gelegenheit bieten,
auf bestimmte Grundhaltungen bei sich zu achten und vielleicht seinen gewohnten Blick zu ändern.
Das Gewohnte intensiver anzuschauen, sich achtsam den gewöhnlichen Dingen des Alltags zuzuwenden,
könnte so ein Ziel sein.
Und da kommen natürlich gerade die Mitmenschen ins Spiel; der Mensch neben mir, der neu entdeckt werden will.
Meine Arbeitskollegin, den Patienten oder Nachbarn einmal „neu“ und unvoreingenommen anzuschauen;
unser gewachsenes Bild von unserem Gegenüber einmal beiseite
und sich wirklich auf den anderen einzulassen...
– das wäre doch mal richtig spannend, oder?

Vielleicht kann uns eine kleine Geschichte inspirieren, diesen Blick ohne vorschnelle Vorurteile und vorgefertigte Meinungen zu wagen:

Einmal kam einem Mann ein Kamel aus seiner Herde abhanden.
Als er auszog, um es zu suchen, holte er in der Steppe einen Reiter ein.
Sie begrüßten einander und steckten sich ein Pfeifchen an.
„Ich habe ein Kamel verloren“, klagt der Mann. „Hast du es nicht gesehen?!
„Ist dein Kamel auf dem linken Auge blind, und fehlen ihm die Vorderzähne?“
„Jaja!“ rief der Mann froh. „Wo ist es denn?“
„Ich weiß nicht, wo dein Kamel ist, ich sah nur gestern seine Spuren.“
Der Besitzer des Kamels aber glaubte ihm nicht, sondern beschuldigte den Reiter,
es gestohlen zu haben und führt ihn vor den Richter.
Der fremde Mann aber sagte zum Richter: „Ich kann noch mehr über das Kamel sagen und habe es doch nicht gesehen.“
„Nun, so sprich!“, sagte der Richter.
„Auf der eine Seite trug es ein Fässchen mit Honig, auf der anderen einen prallen Sack Weizen.“
„Jaja, er ist der Dieb“, rief der Besitzer des Kamels.
Sogar der Richter glaubte das jetzt, doch fragte er den Angeklagten lieber noch einmal:
„Hast du das Kamel gesehen?“ Der Mann verneinte es.
„Woher aber weißt du das alles?“
„Nun, dass das Kamel auf dem linken Auge blind ist, sah ich daran, dass nur rechts von seinem Weg Gras abgefressen war.“
„Und woher weißt du, dass es keine Vorderzähne hat?“
„Beim Grasen bleiben in der Mitte immer einige Büschel der schmackhaften Distel stehen.“
„So – und nun sag uns noch, woher weißt du, dass das Kamel Honig und Weizen trug?“
„Ganz einfach – auf der einen Seite des Weges saßen die Fliegen auf den Honigtropfen und auf der anderen hüpften die Spatzen und suchten Weizenkörner.“
„Ja, wenn das so war, dann glauben wir dir!“ riefen da der Richter und der Mann, der das Kamel verloren hatte, und gaben sich zufrieden.

Viele überraschende neue Perspektiven und Einsichten wünscht Ihnen

Ihr Team der Krankenhausseelsorge
Schwester Geetha, Schwester Irene, Schwester Susanne Maria, Curt Creutz