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Ein privater Blick auf…

Sandra Alves-Senior (Pflegedienstleitung und stv. Hausleitung im Seniorenzentrum St. Severin)

Sandra Alves Senior

Pflegedienstleitung
Sandra Alves Senior

  • Seniorenzentrum St. Severin

Name? Sandra Alves-Senior
Geburtsort? Aachen, geboren im „Marien“
Alter? 49 Jahre
Familie? Portugiesisch-kolumbianische Großfamilie mit Wohnsitz in Aachen-Eilendorf. Sandra ist vierfache Mutter. Zusammen mit Ehemann Diego hat sie drei Kinder, ihre Tochter Diana stammt aus einer früheren Beziehung. Inzwischen hat sie bereits zwei 2-jährige Enkelkinder, eines davon lebt mit Tochter Carolina (23) im gemeinsamen Haus. Auch die beiden Söhne Enrice (21) und Paulo (18) leben noch bei den Eltern. Bald nimmt sie auch ihren schwerkranken 77-jährigen Vater zu sich, der sich aktuell in Kurzzeitpflege im Seniorenzentrum St. Severin befindet.
In der Stiftung seit? 1994
Beruflicher Werdegang? 1994-1997 Krankenpflege-Ausbildung im Marienhospital. Im Anschluss hat sie viele Jahre als Krankenschwester in der Chirurgie gearbeitet und ist im Jahr 2004 ins Seniorenzentrum St. Severin gewechselt. 2014 wurde sie stv. Pflegedienstleitung und seit 2017 ist sie PDL und stv. Hausleitung.

Was bist du für eine Persönlichkeit?

Ich würde mich als unerschütterliche Optimistin und Frohnatur bezeichnen. Ich nehme das Leben an, wie es kommt und meistere jede Situation so, wie sie mir „vorgesetzt“ wird. Wir Menschen sind viel zu oft mit der Zukunft oder der Vergangenheit beschäftigt, dass wir häufig das Hier und Jetzt vergessen. Ich versuche stattdessen, jeden Moment zu genießen.

Was machst du gerne in deiner Freizeit?

Ich treibe sehr gerne Sport, jogge, mache Yoga und bin drei Mal in der Woche beim Krafttraining im WOF. Außerdem treffe ich mich sehr gerne mit Freunden zum Abendessen und Klönen.

Erzählst du uns kurz deine Lebensgeschichte?

Ich wurde 1972 im „Marien“ geboren und bin mit drei Jahren zusammen mit meiner großen und kleinen Schwester von meinen Eltern, die portugiesische Gastarbeiter in Aachen waren (mein Vater als Maschineneinrichter bei der Tuchfabrik Becker und meine Mutter Töpferin), zu meiner Oma und Tante nach Portugal gegeben worden. Zunächst sollte das nur eine Übergangslösung sein, aber daraus wurden dann bei mir 14 Jahre und bei meinen Schwestern sogar ein paar mehr. Meine Eltern sind uns aber oft besuchen gekommen und wir hatten eine tolle Kindheit. Inzwischen sind alle aus meiner Familie zurück in Deutschland und unsere Heimat ist jetzt Eilendorf :-).

Du bist mit 15 Mutter geworden. Wie hast du dich damals als Teenager-Mutter gefühlt? Was waren die größten Herausforderungen?

Ja, das stimmt. Ich wurde völlig überraschend und ungeplant mit 15 Jahren schwanger. Das war natürlich ein großer Schock – und das im strengkatholischen Portugal. Ich habe es zuerst lange nicht wahrhaben wollen. Bis zum siebten Monat konnte ich es vor meiner Familie verbergen, aber dann ließ es sich nicht mehr kaschieren :-). Der Kindsvater und ich haben uns zwar sehr geliebt, und wir haben sogar geheiratet, aber wir waren einfach zu jung für eine gemeinsame Zukunft. Ich bin dann 1990, als meine Tochter Diana zwei Jahre alt war, zu meinen Eltern nach Deutschland gezogen. Das war eine herausfordernde Zeit, denn ich konnte ja kein Wort Deutsch, hatte keinen Schulabschluss und keinen Beruf. Zuerst wollte ich nur einen Sommer bleiben, aber daraus wurden inzwischen 31 Jahre :-).

Warum hast du dich für die Arbeit mit Senior*innen interessiert?

Ganz ehrlich: Als ich noch als Krankenschwester in der Chirurgie gearbeitet habe, konnte ich mit älteren Menschen nicht viel anfangen. Der damalige Personalleiter Herr Trawinsky musste mich regelrecht überreden, mal in der Arbeit im Seniorenzentrum hinzuschnuppern. Nach anfänglichen Stolpersteinen habe ich aber sehr schnell die Qualität dieser Arbeit zu schätzen gelernt und könnte mir heute keine schönere Stelle vorstellen. Senior*innen schauen meist auf ein pralles Leben zurück und oft blühen sie im Seniorenzentrum noch mal so richtig auf, lassen einen Anteil nehmen an ihrer Lebensweisheit, sind unglaublich dankbar und liebenswürdig. Auch die Zusammenarbeit mit meinem Team macht mir riesen Spaß, wir verstehen uns alle super und sind eine richtig große Familie.

Wie möchtest du selbst alt werden?

Mein Mann und ich suchen aktuell nach einem Haus an der Westküste in Portugal – gerne mit Blick aufs Meer. Auch wenn ich inzwischen seit drei Jahrzehnten in Deutschland lebe, schlägt in mir das Herz einer waschechten Portugiesin. Der Virus ist auch auf meinen kolumbianischen Mann Diego übergesprungen :-). Ich sehe uns also im Alter mit einem Glas Wein in der Hand auf unserer Terrasse sitzen, den Blick aufs Meer gerichtet. Das ist unser Traum!

Was waren deine größten Herausforderung in der Corona-Zeit beruflich wie privat?

Ich habe diese Zeit Gott sei Dank sehr gut überstanden. Dadurch, dass wir mit sieben Personen unter einem Dach leben, haben wir uns natürlich nie wirklich einsam gefühlt. Auch beruflich lief es ja relativ normal weiter. Wir im Seniorenzentrum mussten alles geben, um die fehlenden Besuche der Angehörigen zu kompensieren, was uns aber auch gut gelungen ist. Inzwischen fühlt sich das (Berufs-) Leben schon fast wieder normal an.

Wie gehst du mit dem Thema Sterben um?

Für mich steht die Würde des Menschen an oberster Stelle, das gilt für das Leben ebenso wie für ein würdevolles Sterben. Wir im Seniorenzentrum bieten den uns anvertrauten Menschen mit unserem Hospizdienst einen optimalen Rahmen für die letzte Lebensphase und erleichtern den Sterbenden den Übergang. Zum Glück kann ich gut loslassen und in Frieden damit sein, wenn ein Leben endet. Das ist eine Gabe, die in meinem Beruf sehr wichtig ist und die für die ich dankbar bin.

In dem Buch „Fünf Dinge, die Sterbende am meisten bedauern“ werden von den meisten Menschen diese Aspekte genannt:
1. "Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben."
2. "Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet."
3. "Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken."
4. "Ich wünschte mir, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden aufrechterhalten."
5. "Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein."

Erlebst du das bei den Senior*innen auch so?

Das kann ich nur so unterschreiben. Mir zerreißt es das Herz, wenn Menschen am Lebensende voller Reue sind, ihr Leben in Frage stellen und keinen Frieden finden können in Anbetracht der vermeintlich „verpassten Gelegenheiten“. Das Leben ist einfach zu kurz, um sich Sorgen zu machen und nicht einfach nur glücklich und zufrieden zu sein!