Vorhofflimmern

Was ist Vorhofflimmern?

Die normale Erregung des Herzmuskels beginnt am Sinusknoten, der sich am Dach des rechten Vorhofs befindet. Etwa 70 Mal pro Minute werden von hier aus zuerst die beiden Vorhöfe erregt, welche von den Herzkammern elektrisch isoliert sind. Nur an einer Stelle, dem AV-Knoten, ist die Passage der elektrischen Reizleitung in die Kammern möglich. Wie ein Türsteher kontrolliert der AV-Knoten wie schnell und wie viele Erregungen in die Kammern geleitet werden. Diese Funktion ist auch bei Vorhofflimmern wichtig. Bei dieser Herzrhythmusstörung wird zuerst der linke Vorhof erregt und zwar überwiegend aus einer oder mehreren der vier Lungenvenen (Pulmonalvenen). Aus Ihnen werden Impulse mit einer Herzfrequenz von 350-600/min freigesetzt. Die normale Erregung aus dem Sinusknoten wird quasi überrannt.

Wie es zum Flimmern der Vorhöfe kommt, kann man sich gut vorstellen, wenn man seine Hand mit einer normalen Herzfrequenz öffnet und schließt. Mit einer Geschwindigkeit von 70/min gelingt das den Handmuskeln sehr gut und es ginge sicher auch noch deutlich schneller. Versucht man dies jedoch mit einer Frequenz von 350 mal pro Minute durchzuführen, kommt es nur noch zu einer flimmernden Bewegung. Übertragen auf die Vorhofmuskeln, kann bei so hohen Vorhoffrequenzen keine aktive Vorhofkontraktion mehr erfolgen. Würde nun diese hochfrequente Erregung auf die Kammern übergeleitet, käme es entsprechend zu Kammerflimmern. Da aber wie erwähnt der AV-Knoten den Übertritt der Vorhofimpulse bremst und reguliert, wird nur ein Teil der Erregungen durchgelassen (bei Vorhofflimmern sehr unregelmäßig) und dies kann sowohl zu einer arrhythmischen Bradykardie (langsamer Herzschlag), als auch Tachykardie (schnelle Herzschlag) führen.

Was können Medikamente bei Vorhofflimmern erreichen?

Medikamente können sowohl die Häufigkeit von Vorhofflimmerepisoden, als auch die Herzfrequenz im Rahmen dieser Herzrhythmusstörung reduzieren. Jedoch gibt es bisher kein Medikament, welches eine Trigger mit einer Frequenz von 350-600/min aus den Lungenvenen AV-Knoten reguliert die Überleitung elektrischer Erregungen von den Vorhöfen in die Kammern, d.h. von den 350-600 Flimmerimpulsen/ min werden meist nur 40-170/ min auf die Kammern übergeleitet Der Sinusknoten ist der reguläre Taktgeber des Herzens und gibt in Ruhe normalerweise eine Frequenz von 70/ min vor Heilung im eigentlichen Sinne herbeiführen kann. Trotzdem ist häufig der erste Schritt in der Therapie des Vorhofflimmerns durch Medikamente das Auftreten zu unterdrücken oder zu regulieren.
Am häufigsten kommen sicherlich Beta-Blocker zum Einsatz, da sie bei nahezu allen Herzerkrankungen einen schützenden Effekt auf die Funktion des Herzens haben. Im Wesentlichen hat diese Medikamentengruppe einen frequenzregulierenden Effekt indem es die Leitung über den AV-Knoten reduziert (s. o.). Hierdurch wird die Herzfrequenz während Vorhofflimmern langsamer, was die Beschwerden vieler Patienten bereits deutlich reduziert. Durch seinen darüber hinaus positiven Effekt auf die Herzmuskeldurchblutung, den Blutdruck und auch eine Herzschwäche nimmt man an, dass die Flimmerneigung der Vorhöfe dadurch auch indirekt positiv beeinflusst wird. Häufig reicht eine BetaBlocker-Medikation jedoch nicht aus, um das Herz im Sinusrhythmus zu halten.
Eine weitaus effektivere Form der Rhythmusstabilisierung kann durch das Medikament Flecainid (Tambocor®) erreicht werden. Es vermindert die elektrische Leitungsgeschwindigkeit in den Vorhöfen, wodurch auch die Flimmerimpulse aus den Lungenvenen schlechter in die Vorhofmuskulatur geleitet werden. Da jedoch Flecainid z.B. bei der großen Gruppe der Patienten mit einer Herzkranzgefäßerkrankung (Herzinfarkt, Arteriosklerose) nicht eingesetzt werden darf, muss oftmals auf Alternativmedikamente ausgewichen werden. Flecainid hat die Eigenschaft, dass es zur Rhythmusstabilisierung, aber weniger zu einer Frequenzregulierung führt.
Kann Flecainid nicht eingesetzt werden, ist auch Amiodaron (Cordarex®) ein sehr wirksames Medikament, welches ebenfalls effektiv sowohl zur Rhythmusstabilisierung, als auch zur Frequenzregulierung eingesetzt werden kann. Insbesondere aufgrund seines hohen Jodgehaltes hat es jedoch ein breites Nebenwirkungsprofil.
Seit Ende 2009 gibt es einen weiteren, sehr wirksamen Wirkstoff Dronedarone (Multaq®). Er hat ein ähnliches Wirkprinzip wie Amiodaron, jedoch nach bisheriger Abschätzung mit geringeren Nebenwirkungen, insbesondere auch weil es kein Jod enthält.
Digitalis ist ebenfalls ein Medikament, welches in der Therapie des Vorhofflimmerns immer wieder auftaucht, jedoch ist es zur Vorbeugung erneuter Flimmerepisoden nicht geeignet, da es nicht rhythmisiert, sondern nur die Kammerfrequenz bei Vorhofflimmern verlangsamt.

Pulmonalvenenisolation was ist das?

Das Prinzip der Pulmonalvenenisolation besteht darin, die Ursprungsorte der schnellen unnatürlichen Impulse aus den Lungenvenen (sog. Trigger, die das Herz 350-600/ min stimulieren => normal ist 70/min) an ihrer Fortleitung in die Vorhofmuskulatur zu hindern. Das wird erreicht, indem um die beiden Lungenvenen der jeweils rechten und linken Lunge eine Ablationslinie gezogen wird.
Eine Ablationslinie entsteht, indem Hochfrequenzstrom über eine Katheterspitze punktuell bei gutem Kontakt in die Vorhofmuskulatur geleitet wird, wodurch sich das Herzmuskelgewebe auf 50-60 Grad Celsius erwärmt. Da das Eiweiß der so behandelten Zellen dabei degeneriert wie beim Eierkochen, verlieren sie nach der Ablation jede Funktion. Insbesondere die, elektrische Reize leiten zu können. Die aneinander gereihten Ablationspunkte bilden entsprechend eine für elektrische Impulse undurchdringbare Linie. Die Pulmonalvenisolation ist abgeschlossen, sobald nachweisbar ist, dass keine elektrische Leitung mehr von den Lungenvenen in die Vorhofmuskulatur erfolgt.

Die häufigsten Fragen zur Pulmonalvenenisolation (PVI)

Wie erfahre ich, ob die Pulmonalvenenisolation das geeignete Verfahren ist, um das Vorhofflimmern (VHF) bei mir zu beseitigen?
In unserer Rhythmussprechstunde wird Ihr Fall individuell besprochen und diesbezüglich eine Entscheidung unter Berücksichtigung der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie getroffen.

Warum müssen die Pulmonalvenen vom übrigen Gewebe des linken Vorhofs isoliert werden, um

das Vorhofflimmern zu beseitigen?
Vorhofflimmerimpulse (Trigger) kommen meistens aus den Lungenvenen. Sie sind im übertragenen Sinn die Zündkerzen des VHF, als Motor fungiert das Vorhofmuskelgewebe. Trennt man Zündkerze und Motor, kann das VHF verhindert werden. Allerdings können falsche Herzrhythmusimpulse auch aus anderen Strukturen des linken Vorhofs kommen. So kann es z.B. trotz erfolgreicher Lungenvenenisolation zu VHF kommen.

Ist Vorhofflimmern schädlich für´s Herz?

Während die Vorhofmuskulatur flimmert, verändert sich ihre elektrische Leitfähigkeit. Die Vorhöfe werden sensibler für „Flimmerimpulse“, wodurch immer wieder Flimmerepisoden gestartet werden können. Medikamente sind in der Lage, die Vorhöfe wieder elektrisch zu stabilisieren. Beobachtungen zufolge kann sich ein Herz, das über einen langen Zeitraum (Monate oder gar Jahre) flimmert, strukturell verändern. Dabei durchziehen Gewebsfasern die Vorhofmuskelzellverbände, wodurch weitere kleine Kreiserregungen entstehen können, die VHF fördern und auch die Muskelfunktion selbst kann dadurch eingeschränkt sein.

Welche Formen von Vorhofflimmern werden unterschieden?
Paroxysmales VHF: Es tritt plötzlich (paroxysmal) auf und hört innerhalb von 48 Stunden wieder auf. PVI als Therapieverfahren grundsätzlich geeignet.
Persistierendes VHF: Im Unterschied zum paroxysmalen VHF hört es nicht spontan auf, sondern nur nach therapeutischer Intervention (Medikamente, Elektroschock). Beseitigung durch PVI möglich, jedoch mit deutlich eingeschränkten Erfolgschancen
Permanentes VHF: Dauervorhofflimmern. Schlechte Therapieoptionen durch die PVI

Wie lange dauert die Pulmonalvenenisolation ?
Zwischen 2 und 4 Stunden.

Wie viele Tage dauert der stationäre Aufenthalt?
Sie kommen prästationär am Tag vor dem eigentlichen Krankenhausaufenthalt und es werden bereits vorbereitende Untersuchungen durchgeführt. Am nächsten Tag wird die PVI durchgeführt. Nach insgesamt 3 bis 4 stationären Tagen folgt im Normalfall die Entlassung.

Warum muss vor der PVI eine Schluckechokardiographie durchgeführt werden (TEE, Darstellung des Herzens über eine Sonde, die in die Speiseröhre vorgebracht wird)?
Das VHF verhindert die regelrechte Kontraktion der Vorhöfe. In einem Anhängsel des linken Vorhofs, dem Herzohr, kommt es dadurch mitunter zum „Stocken“ des Blutes und somit zu Blutgerinnseln. Wenn diese in den Blutkreislauf gelangen, können sie z.B. die Hirnarterien verstopfen, was zum Schlaganfall führt. Das Herzohr kann besonders gut von der Speiseröhre aus eingesehen werden.

Bekomme ich eine Narkose während der Pulmonalvenenisolation (PVI)?
Nein. Eine Narkose würde die selbstständige Atmung beeinträchtigen. Alle Maßnahmen erfolgen unter Lokalanästhesie. Darüber hinaus wird während der gesamten Prozedur über die Vene ein Schlaf- und Schmerzmittel verabreicht, so dass die PVI vom Patienten weitgehend verschlafen wird.

Wie kommen die Ablationskatheter in den linken Vorhof?
Über eine Vene in der Leiste werden die Katheter direkt in das rechte Herz vorgeschoben. Um in den linken Vorhof zu gelangen, muss der Katheter durch das Vorhofseptum geführt werden. Etwa 15% aller Menschen haben hier ein Loch als Überbleibsel der Embryonalentwicklung, welches meist dann auch als Passage genutzt werden kann. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten muss an dieser Stelle eine Öffnung für die Katheter gestochen werden, welche im weiteren Verlauf jedoch wieder verwächst.

Muss nach der Entlassung aus dem Krankenhaus etwas beachtet werden?
Nach Punktion der Venen in beiden Leisten und folgender Einleitung der Blutverdünnung sollten Sie innerhalb der ersten zwei Wochen vermeiden, Schweres zu heben, bzw. sich diesbezüglich körperlich stärker zu belasten.

Wie lange und warum muss ich nach der Ablation Marcumar® oder ähnliches (NOAK) einnehmen?
An den Ablationswunden im linken Vorhof können in der Abheilungsphase Gerinnsel entstehen, was durch die Blutverdünnung verhindert werden soll. Darüber hinaus ist es nicht ausgeschlossen, dass es auch nach Ablation zu (mitunter unbemerktem) Vorhofflimmern kommt, im Rahmen dessen sich ebenfalls Thromben im Herzen bilden können. Es wird empfohlen, die Blutverdünnung für mindestens 2 Monate und im Folgenden nach den aktuellen Richtlinien zum Schlaganfallrisiko fortzusetzen.

Kann ich meine „Herzmedikamente“ nach der PVI absetzen?
Dort, wo im linken Vorhof das Gewebe verödet wurde, entsteht eine Narbe, die in derAbheilungsphase selbst Ursprungsort falscher Herzrhythmen sein kann. Daher sollten ebenso wieMarcumar® oder NOAK auch die rhythmuswirksamen Medikamente (ß-Blocker, Flecainid und Amiodaron) für etwa 2 Monate nach der Ablation weiter eingenommen werden. Die Bluthochdruckmedikamentemüssen (blutdruckabhängig) ebenfalls weiterhin eingenommen werden.

Was ist zu tun, wenn es nach der Ablation zu Herzrhythmusstörungen kommt?
Ein EKG sollte zur genauen Diagnose der Herzrhythmusstörungen gemacht werden. Bestätigt sich der Verdacht sollten diese medikamentös oder auch durch Elektrokardioversion beseitigt werden. Weiterhin ist eine kurzfristige Wiedervorstellung in der Rhythmussprechstunde zur weiteren Therapieplanung möglich.

Wann wird die Prozedur als erfolgreich bezeichnet?
Herzrhythmusstörungen aus dem Vorhof, zu denen auch das VHF gehört, können innerhalb der ersten drei Monate als direkte Folge der Ablation auftreten (sind dann aber noch nicht als Rezidiv zu betrachten). Besteht nach drei Monaten durchgehend Sinusrhythmus, ist die Prozedur als erfolgreich zu bezeichnen. Im Umkehrschluss, sollte über die Notwendigkeit einer weiteren Ablation auch erst nach drei Monaten entschieden werden.

Wie kommt es zu Vorhofflimmerrezidiven?
Zum einen können sich „verödete“ Herzmuskelzellen wieder erholen und somit wieder in der Lage sein, über diese kleinen Lücken die falschen Impulse aus den Pulmonalvenen wieder in den Vorhof zu leiten. In diesem Fall können in einer zweiten Prozedur mit überschaubarem Aufwand diese Lücken durch gezielte Ablation geschlossen werden. Allerdings gibt es auch zahlreiche Fälle, in denen unnatürliche Erregungskreise weiterhin bestehen, die sich erst nach der PVI zeigen und dann in einer weiteren Prozedur abladiert werden müssen.

Fragebogen zur Rhythmussprechstunde bei Vorhofflimmern
  • Wann wurde das Vorhofflimmern das erste Mal festgestellt?
  • Wie häufig tritt es auf (z.B. 1-2/ Jahr, 3 x wöchentlich, täglich)?
  • Dauer der Vorhofflimmer-Episoden?
  • Welche Beschwerden haben Sie während des Vorhofflimmerns?
  • Welche rhythmuswirksamen Medikamente (z.B. Amiodaron, Dronedarone,
    ß-Blocker, Flecainid, Digitalis) wurden bisher eingenommen?
  • Wurden schon Elektrokardioversionen (Elektroschocks) durchgeführt und wenn ja,
    wann (insbesondere wann zuletzt) und mit welchem Erfolg (konnte der normale
    Herzrhythmus wieder hergestellt werden und wie lange hat er angehalten)?
  • Ist schon mal eine elektrophysiologische Untersuchung oder Ablation durchgeführt
    worden?
  • Sind Sie am Herzen operiert?
  • Ist ein Herzklappenfehler oder sonstige Herzerkrankung bekannt?